Die Strasse von Messina

Sizilien –  Von Messina bis Marsala, 9. Mai – 28. Mai 2022

Am 11. Mai kommen wir gegen Abend in Villa San Giovanni an und stellen uns auf den alten Hafen. Ein Platz voller Autos und Abfall, Fussball spielender Teenies und zwei anderen Campern. Nach dem Sonnenuntergang essen wir sehr fein bei La Signora Del Vento. Die Nacht ist ruhig, wir schlafen gut.

Auf der Fähre sind wir eingeschlossen und in Messina braust der Verkehr. Was sofort auffällt sind die farbigen Häuser in beige, ocker, gelb, sehr freundliche und helle Farben. Zwei mal um einen Kreisel und wir finden die richtige Ausfahrt durch ein schönes Quartier über einen Pass, 445m üM an die Nordküste Siziliens. Für die 54km bis Oliveri brauchen wir etwa zweieinhalb Stunden. Wir fahren durch Dörfer, enge Gassen, weichen schräg parkierten Autos aus oder bleiben stehen, wenn kein Durchkommen ist. Sizilianer hupen dann. Überhaupt fahren sie überall wo es Platz hat und scheren sich in keiner Weise um Fahrspuren und den Verkehrstafelwald.

In Oliveri treffen wir Freunde, Brigitte und Heinz mit ihren Hunden Morgan und Joey. Miteinander steigen wir sehr schweisstreibend 260 Hm nach Tindari. Die grösste Marienkirche Siziliens leuchtet weit herum und ist ein Wallfahrtsort mit einer schwarzen Madonna. Aber eigentlich interessieren mich das griechische Theater und die gut erhaltenen Thermen viel mehr. Die Aussicht von diesem Sporn erinnert an die Südsee. Am Abend lernen wir leider auch die Kehrseite der vielgepriesenen italienischen Küche kennen. Im Touristenrestaurant essen wir eine mässige fade Pizza und zähe und fette Fische.

Nächster Halt ist Cefalu. Da lockt uns ein Markt. Wir füllen das Gemüsefach auf, probieren Oliven, getrocknete Tomaten und Mandeln. Ich will ja nur wenig von allem, aber die Hände des Händlers sind einfach so gross … Es ist Sonntag, 14. Mai, Besuch der Stadt. Natürlich hat es sooo viele Autos und Leute. Wir schieben uns zum Dom, aber der hält gerade Siesta. Also steuern wir eine gemütliche Gasse an und nehmen Apero im Il Carretto. Die Männer und Hunde bleiben beim Bier, Brigitte und ich besuchen den Dom.

Dann fahren wir nach Piano Battaglia im Nationalpark delle Madonie. Es ist eine abenteuerliche Fahrt auf der engen und kurvenreichen Strasse, immer wieder abgesenkt, voller Löcher und sogar „Meteoriteneinschlägen“ und die Äste hängen auch tief. Wir übernachten frei auf einem einsamen Platz und am Morgen wandern wir früh los und erklimmen den Monte Carbonara, 1979 m. Es sind etwa 450 Hm, schöner Bergweg mit immer spektakulärerer Aussicht. Auf dem Gipfel die Belohnung: Der Aetna, klar, mit weisser Wolke, die sich immer wieder verändert. Eine Woche später lesen wir, dass es um die Zeit grosse Ausbrüche gab. Etwas Angst machen uns die vier wilden Hunde, die sich uns bellend nähern. Wir vertreiben sie aber mit Steinen. Nach der schönen Rundwanderung, die Hans auf der Mapy-App findet, fahren wir nach Palermo.

Palermo

Es ist ein Moloch und erinnert fast etwas an Katmandu. Es ist Feierabend: So viele Autos, Lastwagen, Töffs und Trottis. Es ist laut, gehupt wird zum Gruß, aus Langeweile, Ärger, als Warnung und aus Vorsicht. Hans steuert ganz ruhig und hochkonzentiert und ich daneben habe feuchte Hände vor Stress. Auf dem Freesbee Parking stellen wir uns mit Brigitte und Heinz nebeneinander, kochen und essen fein.

Soviel Geschichte und Kunst sind eine Überforderung. Was auswählen und wo beginnen? Wir wählen eine Stadtrundfahrt mit einem offenen Zug. Wir kommen an einigen Highlights vorbei, aber der Verkehr ist so laut, die Fahrt so holperig, dass wir nichts verstehen. Wir pirschen ins Zentrum vor für Busbillette und einen Stadtplan. Dann stärken wir uns in einer feinen Pizzeria und finden die Fussgängerzone Via Maqueda bis zur Kreuzung Quattro Canti. Sie teilt in die vier Stadtteile: Kasr mit weltlicher und kirchlicher Macht, Capo das mittelalterliche Arbeiterviertel, Albergheria das Armenviertel und die Vucciria der Marktbezirk. Ein weiteres Quartier ist La Kalsa.

Zuerst finden wir die Kathedrale, ein wunderbarer Bau aus verschiedenen Epochen, reicher Verzierung und einem Dach mit schöner Aussicht.

Wir streifen durch Hintergassen und erhaschen etwas vom Leben in Palermo. Am nächsten Tag suchen wir zuerst La Martorana ein Kleinod in byzantinischem Stil – fantastisch. Mit Brigitte gehe ich durch den Gemüsemarkt Ballaro und kaufe Hans ein spezielles kleines Lederportemonnaie. Im Gassenrestaurant stärken wir uns fein und dann möchte ich unbedingt zu den Catacombe dei Capuccini. Wir wandern weit durch enge dreckige Gassen, wissen oft nicht wie dem Autoverkehr ausweichen. Dann oh Frust, die Katakomben können nicht besucht werden, weil geputzt und gearbeitet wird, keiner der Männer lässt sich für einen kurzen Blick erweichen. Ich bin wütend. Wir wandern zurück und wollen in den Palazzo dei Normanni, aber auch der hat eben geschlossen. Aller guten Dinge sind drei: am Bahnhof warten wir 45 Minuten auf den Bus. Ja, und jetzt wissen wir, was wir in Palermo anschauen möchten. Das nächste Mal?

Nach Palermo trennen sich unsere Wege. Brigitte und Heinz reisen schneller, weil sie schon anfangs Juni daheim sein wollen. Wir fahren nach Monreale und betrachten die gewaltige Kirche mit den vielen goldenen Mosaiken. Es sind einige Geschichten zu erzählen und auf dem Dach schauen wir über das Häusermeer Palermos.

Häusermeer von Palermo

Am 20. Mai besuchen wir Segesta, einen Tempel der Elymern, 15.-10. Jahrhundert vC, und ein griechisches Theater hoch auf dem Hügel. Also gab es zuerst Sport und dann Kultur. Endlich kann ich mir die griechischen Tempel vorstellen, dieser ist so gut erhalten, nach mehr als 3000 Jahren. Und wir bauen oft nur für ein paar Jahrzehnte, die zwei neuesten Gebäude des Technikums aus den 60er Jahren werden demnächst abgebrochen!

Auf dem Camping Lido di Valderice erledigen wir zuerst Hausarbeit, dann Lesen und mit Freunden von Brigitte und Heinz sprechen. Der sizilianische Nachbar erzählt uns, dass er im Marmor arbeitet und die Statuen restauriert und flickt. Wenn wir etwas auf italienisch radebrechen, dann meint er: „Piano, piano.“ Wir möchten den 670 m hohenl Monte Cafano erklimmen, aber das ist wohl zu streng und wegen Steinschlag verboten. Das Umrunden geht aber ganz gut. Wir geniessen die wunderbaren Ausblicke aufs Meer.

Auf dem Stellplatz Trapani sind wir eingerichtet und das Nachtessen brät in der Pfanne, als uns die Besitzer mit Mücken die Hölle heiß machen. Nach dem Essen fahren wir also wieder ab nach San Vito lo Capo in die Stille. Wir haben starken Gegenverkehr und freuen uns über jeden Camper, weil er uns doch Platz macht. Tatsächlich finden wir einen Parkplatz und beobachten den Sonnenuntergang. Die Nacht ist zwar dunkel, aber gar nicht so ruhig. Einige Autos blenden und lärmen und reissen uns aus dem Schlaf. Aber morgens um 9 Uhr kommt doch tatsächlich ein Bäcker vorbei mit feinem Brot und gefüllten Gipfeli und das an einem wilden Stellplatz.

Erice, die wunderschön thronende Stadt auf dem Hügel haben wir bald umrundet und heute am 23. Mai fahren wir die vielen Kurven bis auf 750m üM hoch. Wir besuchen das Castell, in dem der Venustempel stand in dem es Tempelprostitution gab. Ich denke an die Frauen, ob sie ihre Hingabe wirklich als Göttinnendienst empfanden. Davon sind nur noch ein paar Steine übrig - schwierig sich vorzustellen. Der Höhepunkt ist aber der Schimmel, der prächtig geschmückt vor dem Torre steht und sein Besitzer, der in sehr amüsanter Weise, echt sizilianisch, die Besucher unterhält. Wir haben grossen Spass. Natürlich gibt es auch noch vier Kirchen, die zu 5 Euro zu besuchen sind. Da kann ich nicht widerstehen. Wir sehen auch die Szenen, die an der Karfreitagsprozession von bis zu 8 starken Männern durchs Städtchen getragen werden. Der Duomo hat eine wunderschöne Sandsteindecke und die Besteigung des Turms belohnt mit grandioser Aussicht. Als Stärkung nehmen wir eine feine Tagliere und dazu ein lokales Bier. Die Marmorwege sind ziemlich schwierig zu gehen, glitschig und steil auf und ab. Wir haben sie unfallfrei geschafft. Der nächste Stellplatz ist sehr hell beleuchtet, aber ganz ruhig.

Vom 24.-28. Mai installieren wir uns auf dem Camping Lilybeo bei Marsala. Es herrscht grosse Hitze mit viel heissem Wind. Wir besuchen die Stadt Marsala. Im Duomo können wir sehen, was nach dem letzten Krieg noch stand. Die Stadt wurde schwer bombardiert und bis in die 90er Jahre wieder aufgebaut. Wir wandern zur Cantiene Pellegrino und erhalten eine Marsala Degustation mit vielen Informationen. Dem Wein wird Zucker beigemischt und zwischen einem und 5 Jahren im Eichenfass gelagert. Die eine Sorte ist fein zu Käse, andere zu Mandelbisquit, roter Marsala ist zu Schokolade gut. Natürlich nehmen wir auch drei Flaschen mit. Wir sind mit den ÖV in die Stadt gefahren. Das ist auch ein Erlebnis. Eine Viertelstunde Verspätung, vom Einsteigen bis zur Endstation dauerte es 30 Minuten. Den Heimweg mit einer grossen Rundtour genossen wir eine volle Stunde und das gratis, weil der Chauffeur kein Billett verkaufen wollte.

Wir fahren einen schönen und abwechslungsreichen Abstecher zum Lago Arvo.

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