Monte Siella vom Campo Imperatore aus
Am Montag, 13. Juni fahren wir wieder zum Aetna und zwar auf die Nordseite. Wir werden zuerst enttäuscht, keine Aussicht, schräger Platz, kaum offene Läden und Bars oder ein Informationsbüro. Während wir die Parkgebühren zahlen, kommt Giuseppe daher und preist uns die letzten beiden Plätze auf einer Tour zum Observatorium an. Die nehmen wir kurz entschlossen für 68 Euro. Mit einem Mercedes Sprinter werden wir sehr holprig auf den Vulkan gefahren bis zum Pizzo Deneri auf 2850m. Hier oben sind wir nahe am Geschehen. Die fliessende Lava, die wir nachts gesehen haben, ist erkaltet. Wir lernen viel über Vulkanismus. Bei einem Ausbruch gibt es zuerst einen Riss in die Erde, dann folgen die Explosionen. Die Lava verhärtet sich wieder, dann gibt es neue Explosionen. Lava fliesst auch unten beim Riss ab. Im Krater sind diese Stufen zu sehen. Noch frische Lava ist ganz weich und knirscht unter den Füssen und eisenhaltige ist rot. Nach etwa 4 Stunden sind wir zurück beim Wigwam. Und weil der Platz ja nicht sehr einladend ist, kurven wir bis zu einem sehr kleinen Camping in der Alcantaraschlucht. Es ist ein ruhiger Platz mit einer Freiluftdusche und einer, die nicht abschliessbar ist. Dafür haben wir eine Wiese für uns allein.
Unsere Runde um Sizilien ist nun beendet. Es ist eine sehr faszinierende, kultur- und geschichtsreiche Insel. Wir schliessen sie ins Herz.
In Messina fahren wir das Lungomare fast drei Mal, bis wir die richtige Fähre finden. In Villa San Giovanni essen wir im Porto Vecchio, einem sehr feinen Lokal mit sehr schneller und fast stummer Bedienung – es ist kurz vor der Siesta.
Unser nächstes Ziel heisst Tropea. Schon die Anfahrt ist ein Abenteuer und zum Glück bleiben wir nicht in einer Gasse stecken. Bei Da Ciccio erhalten wir einen Platz unter den Bäumen. Es wird jeden Tag heisser und ohne Schatten geht es nicht mehr. Tropea ist ein Touristenort wie Zermatt oder Saas Fee, steil an einen Felsen gebaut mit vielen Läden, Autos und noch mehr Leuten. Bekannt ist vor allem der Felsen mit dem Santuario Santa Maria dell`Isola. Es war ein Kloster und gilt immer noch als geheiligter Ort mit strengen Kleidervorschriften, keine Shorts, ärmellose T-Shirts, usw., wie es auf Tafeln heisst. Aber eben, was bedeuten sie schon? Die Aussicht ist traumhaft. Auf dem Campingplatz kommt morgens zuerst der Bäcker, dann der Fischer und dann der Früchte- und Gemüsehändler, also Rundumversorgung. Wir steigen die steile Treppe hinauf, streifen durch die Gassen und essen abends fein in einem Innenhof. Trotz Schatten sind die Nächte heiss und nicht erholsam.
Tropea
Nach soviel Kultur und so viel Hitze suchen wir Abkühlung und fahren ins Argentinotal nach Orsomarso. Das Dorf ist steil an einen Felsen gebaut. Abkühlung bietet die Gelato artigianale. Wir stellen das Wigwam vor die Golden Valley Ranch und lassen uns von Francesco und seinem Sohn Antonio echt kalabresisch verwöhnen. Es gibt etwa sechs verschiedene Antipastiteller, Ravioli gefüllt mit Ricotta an Steinpilzsauce, Schnitzel und Salsicce mit Salat, als Dolce frische Maulbeeren und der 10-Kräuterschnaps rundet das feine Essen ab. Wir sind die einzigen Gäste und wenn Antonio nicht in der Küche steht, dann schaut er uns beim Essen zu und wir radebrechen auf italienisch. Auf die Frage, wo er kochen gelernt habe, meint er er koche aus der Erinnerung wie seine Frau gekocht habe. Sie hatte Herzinfarkt und Hirnschlag, wurde reanimiert und lebt nun in ihrer ganz eigenen Welt, gepflegt und versorgt von Mann und Sohn. Wir sind tief beeindruckt.
Am andern Morgen wandern wir zu einer Waldhütte. Es ist eine Fahrstrasse und eigentlich für Autos verboten. Mehrere Tafeln hintereinander stellen das eindringlich fest. "Aber was heissen Tafeln in Italien schon?", meint auch Antonio. Am Weg gibt es viele Grillstellen und Picknickplätze, die im Sommer und an Wochenenden sicher voll sind. Jetzt sind wir alleine.
Am 17. Juni fahren wir nach Mormanno. Hans kurvt vergnügt eine enge Passstrasse hinauf bis auf 1000m. Dort tut sich eine Hochebene auf mit Schafen, Ziegen und beackerten Feldern, eine ganz andere Welt. Die Wolken ziehen sich zusammen und so werden die kalabrischen Berge zur drohenden Kulisse. Natürlich geht es genau so steil wieder hinunter und bei den ersten Tropfen erreichen wir den Agriturismo Donna Bianca. Auch hier essen wir kalabresisch, aber weil das ein kleines Restaurant ist, gestaltet sich auch die Atmosphäre anders. Es gibt ein Gewitter, etwas Regen und Abkühlung, toll, nur leider auf meine Wäsche. Am nächsten Morgen ist es wieder klar, bald auch heiss und die Wäsche ist bald trocken.
Ich kanns ja nicht lassen. Auf unserem Weg nach Norden liegt noch Paestum mit den schönsten griechischen Tempeln. Wir finden unter Pinien einen Platz und machen uns dann bei Hitze auf den Weg rund um die Anlage, bewundern Neptun-, Athene- und Hera-Tempel, Bauweise und Malereien, schlecken einen Gelato und kühlen uns dann im Meer ab. Der schöne Sandstrand gefällt uns. Wir geniessen Abend- und Morgenbad.
Am Sonntag geben wir unseren Platz frei. Es ist der Letzte für diesen Tag. Wir fahren der Küste entlang Richtung Salerno. Es ist heiss, alle wollen zum Strand – alle Parkplätze besetzt, die Strasse hoffnungslos verstellt. Alle fahren in die Lücken, jeder Quadratzentimeter wird ausgefüllt. Es ist schwierig überhaupt in den nächsten Camping zu kommen. Zum Glück eilt uns der Besitzer zu Hilfe und regelt die Einfahrt.
Auf Tipp meines Bruders wollen wir an die Amalfiküste. Und zwar, auch wie er vorgeschlagen hat mit den ÖV. Der Campingbesitzer bringt uns zur Endstation der Metro, einer sehr langsamen Bahn bis ins Zentrum von Salerno. Dort steigen wir in den Bus, aber diese Idee haben noch viele andere, wir müssen stehen und uns sehr festhalten. Die Strasse ist eng, kurvenreich und unübersichtlich und dazu hat es sooo viel Verkehr, Autos, Cars, Busse und Lastwagen. Beim Kreuzen geht es oft um Millimeter. Zum Glück werden vorne zwei Plätze frei, sodass wir die Manöver sehen und bewundern können, wie bei den Postautochauffeuren in unseren Bergtälern. Echt, es ist eine wahre Kunst.
Schon vor Amalfi sehen wir auch das grosse Kreuzfahrtschiff und ahnen Böses – Übertourismus. Und genau so ist es. Schon am Busbahnhof das reinste Chaos, viele Leute, Lärm und Stress. Wir schieben uns auf den Domplatz und ergattern einen Platz im Café. Die vielen Leute vertreiben uns von Amalfi, darum fahren wir nach Positano in der Hoffnung, das Kreuzfahrtschiff sei bei unserer Rückkehr abgefahren. Denkste! Positano ist noch enger und voller und wir erwägen Masken zu tragen und natürlich steht der Koloss noch immer da. Wir beissen in die saure Limone – sehr fein, betrachten den Dom ausgiebig, kämpfen uns eine kleine Runde durch die Hauptgasse und sehnen uns nach der Stille des Campings. Wir fahren wieder zurück. Auf dem Camping radebrechen wir mit den italienischen Nachbarn und nach dem Znacht kommt Vanessa aus Stäfa zu einem sehr persönlichen Gespräch. Doch noch Highlights an diesem Tag. Mein Bruder meinte, man müsse den Übertourismus einmal erlebt haben – danke für den Lehrblätz.
Tja, die Hitze macht uns sehr zu schaffen. Tagsüber geht es ja, aber die heissen Nächte im Wigwam sind nicht erholsam und damit ein Stress. Wir beschliessen, Napoli, Pompeji und Ercolano auszulassen und auf unserer Heimreise möglichst Schatten und Kühle zu suchen. Es ist ein Verzicht, aber die Vernunft siegt. Ziel ist der Campo Imperatore, nordöstlich von L`Aquila.
Am Mittwoch, 22. Juni besuchen wir L`Aquila. Hier ist es 37 Grad. Die Stadt wurde 2009 fast ganz von einem schweren Erdbeben zerstört und wird noch immer aufgebaut. Wir schlendern der Via Vittorio Emmanuele entlang. Viele Häuser sind wunderschön wieder aufgebaut, aber die Strasse wirkt leer und leblos. Es gibt wenige Läden und wenige Leute, es fehlt noch die Seele. Ob sie wieder kommt? Am Domplatz essen wir Zmittag, streifen durch die Hintergassen und besuchen am Schluss die Basilika Santa Maria di Collemaggio. Von ihr stand nicht mehr viel. Wir studieren genau wie die Säulen geflickt oder neu gebaut wurden.
Wir kurven zum Observatorium auf dem Campo Imperatore hinauf und stellen uns mit vielen andern auf den Aussichtsplatz. Die Temperatur nimmt ab und der Wind zu. Das Wigwam wird immer wieder durchgeschüttelt. Wir wandern zum Rifugio Duca delle Abruzzi, ein steiler Serpentinenweg, 250 Hm, das Ziel immer vor Augen. Es gibt eine Rundtour mit dem Corno Grande, dem höchsten Berg der Gegend im Blickfeld. Wieder unten probieren wir die Spezialität der Gegend: Arrosticini, Lammfleisch am Spiess und ein artigianales Bier dazu.
Die nächste Nacht stehen wir fast ganz allein beim Parkplatz Fonte Vetica. Freitag, 24. Juni ist Wandertag. Um 8 Uhr steigen wir los auf den Monte Siella, 2027m. Zuerst geht es steil aufwärts in einer Rinne. Wir kommen auf eine Hochebene mit Kühen in einer kleinen Senke. Der Wind bläst uns fast vom breiten Grat aber wir kämpfen uns unverdrossen weiter bis zum Gipfel. Das Abenteuer fängt erst im Abstieg an. Bei einer Felsstufe ist der Weg unsichtbar und der Wind sehr steif. Das will mir mein liebster Wanderleiter nicht zumuten und schlägt einen seitlichen Abstieg zwischen Gras, Wurzeln und Steinen vor, steil, aber von oben gesehen machbar. Wir begegnen einer Gämse. Hat sie Angst oder warnt sie? Wir steigen sorgfältig ab, immer den Wurzeln ausweichend, die sind glitschig wie Schmierseife. Dann traversieren wir auf dem sicher 40 Grad steilen Gelände. So weichen wir den Felsrippen aus. Es dauert lange – die Angst gar nicht hochkommen lassend und irgendwelches Drama schon in Gedanken vermeidend. Es gilt weiter zu gehen und nur das. Wir kommen zu einem weniger steilen Rücken und vermuten dort den Weg. Wir steigen schräg an und tatsächlich: laut Mapy.cz sind wir auf dem Weg. Langsam sehen wir auch die unsorgfältig gebauten Steinmänner und kommen zum Pass Vado di Siella. Nachdem ich mich versichert habe, dass ein richtiger Wanderweg weitergeht, gönnen wir uns eine Pause. Nach dem Abstieg geht es sicher noch eine heisse halbe Stunde über eine Wiese zum Wigwam hinauf. Wir sind ko, durstig und hungrig, aber ganz fröhlich, dass das Abenteuer gelungen ist. Wir kurven noch weiter bis zum Lago Campotosto, einem Stausee. Rundherum ist Stellplatz, die Wiesenplätze sind gemäht und es stehen schon viele italienische Camper da. In der Nacht sinkt die Temperatur auf 21 Grad, sehr angenehm für einen tiefen Schlaf.
Wir fahren ein weites Stück nach Norden an den Lago di Trasimeno bei Perugia. Wir hoffen, beim Baden etwas abzukühlen. Es ist etwa 38 Grad, im Wigwam am Abend 30 Grad und am Morgen 24 Grad. Wir schwitzen. Der See hat viel zu wenig Wasser und das ist trüb und veralgt. Zum Glück gibt es Duschen.
letzte Wäsche
Den nächsten Halt, am Sonntag, 26. Juni ist am Gardasee, in Riva di Garda. Da gibt es genügend einladendes Wasser, mindestens für ein Morgenbad.
Dann fahren wir ins Brentagebiet, nach Pinzolo, etwa 800m, vor Madonna di Campiglio. Es ist ein herrlicher Platz mit Bachrauschen und schönem Alpenpanorama. Nach dem zweiten Regen auf unserer ganzen Reise wird es angenehm kühl. Wir sind sehr froh.
Das Wetter ist jetzt etwas unstabil, hin und wieder ein kleiner Regen und um die Berge türmen sich die Wolken. Am letzten Junitag nehmen wir das Bähnli auf den Dos de Sabion. Eigentlich meinte ich bis zur Mittelstation fahren, dann 500 Hm hochwandern und mit dem Sesselbähnli zurück. Aber Hans wollte doch die Brenta sehen und die Wolken ziehen schon zusammen, also steigen wir doch ab zu Mittelstation. Das Nachtessen geniessen wir im Restaurant Mangabo, im Separée. Es ist romantisch und fein
zentrale Brentagruppe
Am 1. Juli fährt Hans über den Mendelpass. Schon vor fast 50 Jahren war er von dieser Strecke beeindruckt. Am Kalterersee finden wir einen schattigen Platz in St. Josef am See. Natürlich ist es auch hier wieder heiss. Wir kühlen uns morgens, mittags und abends beim schwimmen ab, herrlich. Wir bleiben zwei Nächte und fahren dann weiter Richtung Vinschgau.
Wir besuchen das Messner Mountain Museum Firmian bei Bozen. Wir sehen und lesen viel Interessantes über Berge, Bergsteiger und Buddhismus. Der berühmteste Bergsteiger erhält uns fit. Die Räume sind in der Ruine und ihren Türmen untergebracht.
Übers Stilfserjoch führen eine Menge Haarnadelkurven. Von Prad aus sind es 48 enge und steile. Wir überholen 109 Velofahrer, die meistens ohne Motor da hochstrampeln. Auf dem Pass ist es kalt und der Bär ist los. Die Velofahrer feiern und dokumentieren ihren Erfolg. Wir steigen zur Grenze empor und lesen über die Stellungen im 1. Weltkrieg. Nach Bormio hinunter drehen wir 37 Kurven durch eine enge Schlucht.
zurück im Goldberg
Danke für die schöne interessante und spannende Reise.
Danke auch fürs Mitreisen.