7.-14. Mai Anreise nach Norwegen
Am 7. Mai brechen wir auf zur ersten grossen Fahrt mit dem neuen Wohnmobil Mercedes Benz, CS Independent-Ausbau.
Für die Reise durch Deutschland haben wir eine Woche. Die erste Übernachtung machen wir in Kitzingen bei Würzburg. Vor drei Jahren war das ein verschlafener Platz. Diesmal haben wir den letzten Platz erwischt und waren keineswegs die letzten, die gesucht haben. Es sind lauter grosse und lange Kisten die dort stehen, sicher fünf aus Norwegen.
Zweiter Halt ist Dortmund. Dort treffen wir Ulla. Sie bringt uns frische Brötchen und dann gehen wir ins Phoenix des Lumières und tauchen in die immersive Schau von Salvador Dali und Antoni Gaudi. Wir sind sehr beeindruckt.
Ulla führt uns zur Zeche Zollern. Bis 1986 wurde dort Kohle abgebaut. Jetzt ist sie ein Kulturzentrum geworden, die schönste, die aber immer noch die harte Arbeit der Bergbauarbeiter zeigt. Hans hat ganz glänzende Augen. Soviele Schalter, Anzeigen, Messinstrumente und elektrische Maschinen mit sichtbaren Kommutatoren …. Er könnte noch Stunden schauen, leider sind wir nur auf der Durchreise.
Bei Marianne und Uli in Dülmen halten wir das nächste Mal. Ein schöner Abend mit vielen Gesprächen und ein gemütlicher Ausflug nach Coesfeld. In Felde bei Kiel treffen wir Angela und Niels. Wir haben sie auf unserer letzten Norwegenreise 2018 kennen gelernt. Wir fahren an den Nord-Ostsee-Kanal und essen feinen Fisch. Mit feinem Frühstück gestärkt fahren wir nach Dänemark. An einem kleinen Hafen in Skodstrup, etwa in der Mitte des langen Fingers übernachten wir. Am Montag 13. Mai sind wir in Hirtshals. Die dänische Version der Fischbrötchen ist gross, üppig und sehr lecker.
Am 14. Mai jodelt das Handy sehr früh, weil um neun Uhr unsere Fähre nach Kristiansand übersetzt. Um 13 Uhr sind wir endlich in Norwegen. Wir fahren noch etwas der Küste nach zum Camping in Farsund. Wir sind sehr überrascht: Hier ist Sommer, über 20 Grad und ein lauer Wind weht. So ein schöner Empfang. Übrigens sind die Toiletten sehr weise angeschrieben.
14. - 26. Mai Von Kristiansand – Insel Runde
Wir fahren der Küste nach, eine Strecke, die wir vor sechs Jahren auch schon gefahren sind und warten auf das Wiedererkennungsmoment. Im 2. Weltkrieg, 1940, Norwegen war noch neutral. Das deutsche Kriegsschiff Altmark mit alliierten Gefangenen an Bord wurde von den Engländern in den Jössingfjord getrieben und geentert. Die Gefangenen kamen frei, acht deutsche Seeleute starben. Dies benutzte die deutsche Wehrmacht als Propaganda um später Norwegen zu besetzen.
Die nächste Nacht verbringen wir direkt am Meer bei ziemlich steifem Wind. Wir öffnen die Hecktüren und können im Windschatten Reis süss-scharf geniessen.
Das nächste Ziel ist die Erklimmung des Preikestolen. Wir richten uns auf einem wunderschönen Camping ein. Am 17. Mai ist in Norwegen Nationalfeiertag. Um 7.30 Uhr wandern wir los, leider in einem Pulk Chinesen, die sehr schnell gehen, aber genau so schnell wieder Pause machen und einer schwatzt wie ein Radio. Wir gehen unseren langsamen und stetigen Schritt. Der Weg ist eine einzige riesige Treppe mit zum Teil sehr hohen Tritten. Es geht hinauf, hinunter, etwas flach, zwei Stunden, 340 mh. Dann stehen wir auf der grossen Aussichtskanzel Predigtkanzel. Mit uns warten viele auf die Predigt. Wir bewundern den Fjord, knipsen viele Fotos, stärken uns aus dem Rucksack. Die vielen Norweger, die auch kommen, tragen alle Norwegenfähnchen an ihren Rucksäcken.
Der Abstieg hat es echt in sich. Die hohen Tritte sind hinunter viel anstrengender als hinauf und das fährt in die Muskeln. Wir sind ganz ko und freuen uns auf die Abendsonne auf unserem Platz.
18. - 23. Mai Pfingsten Flam
Samstag vor Pfingsten hat es in sich. Wir fahren durch wunderschöne Gegenden immer der Strasse Nr. 13 nach. Manchmal ist sie eng und holprig, manchmal breit. Seen, lichte Wälder und runde Felsen entlocken uns einige Ahs und Ohs. Wir kommen an den Zwillingswasserfällen vorbei – Wiedererkennung. Dann, von Odda an suchen wir einen Übernachtungsplatz. Zwei, drei Campings fahren wir an, alle voll. Der nächste ist in Kinsarvik. Bevor wir dort einbiegen, sehen wir an der Strasse, aber mit traumhaftem Ausblick eine lange Reihe Kisten stehen im Campingmodus. Eine Lücke und da stellen wir uns hin. Vom Nachbarn erhalten wir eine Lektion in norwegisch campieren: Auf jedem Parkplatz, P, darf man auch übernachten. Wir staunen: Alle stellen Stühle und Tische auf und grillieren. Einer baut sogar ein Vorzelt unter sein Dachzelt und das am Strassenrand. Die kennen scheinbar nichts. Trotzdem war es eine sehr ruhige Nacht.
An Pfingsten fahren wir dem Eidfjord entlang, dann durch viele lange Tunnels nach Flam. Wir erhalten einen Superplatz mit Aussicht auf das Dorf und den Hafen. Da steht ein Riesenkoloss von Kreuzfahrtschiff. Wir streifen am Hafen herum. Die «Kreuzfahrer» gehen in Kolonnen durch die Marktstände und auf die Bahn. Zum Glück sind wir Independentfahrer. Am Abend ertönt das Nebelhorn und der Koloss fährt langsamst aus dem Hafen. Am andern Morgen steht einfach ein neuer da.
Wir fahren mit der Flambana nach Myrdal. Schon das Billett kaufen brauchte zwei Schalter. Normalerweise fährt man mit der Bahn hinauf und mit der gleichen wieder zurück. Aufenthalt in Myrdal eine Viertelstunde. Aber wir wollen wandern und erkunden, auch wenn uns mehrmals gesagt wird, dass es dort nichts gäbe ausser einer Bar. Mit eingepacktem Sandwich dürfen wir bei den Independent Travelern einsteigen. Die Fahrt dauert eine Stunde für 20km und 800HM. Dazu gibt es Wissenswertes, Geschichtliches und Interessantes, spektakuläre Ausblicke und viele Wasserfälle. Beim Kjosfossen, Wasserfall, gibt es 10min Pause für Föteli- und Selfietermine. Die Wassergischt benetzt uns, es brodelt, tobt und donnert. Plötzlich erscheint die Huldra, eine Fee im roten Kleid, und singt und tanzt. Bei der Station Vatnahalsen werden hunderte «Kreuzfahrer» aus dem Zug geholt und vom Reiseleiter ins nahe Hotel gepfiffen, vermutlich zum Znüni.
In Myrdal steigen wir aus und wandern zuerst zum Beginn des Kjosfossen. Dort verschwindet noch Eis im Überlauf. Dann gehen wir dem See entlang. Wir sind fast ganz allein. Es begegnen uns nur 5 Leute. Also die norwegischen Sandwich sind gar nicht zu verachten. Die können so viele feine Sachen zwischen zwei Brote packen: Butter, Salatblatt, Gurke, Peperoni, Rohschinken und Brie. Das gefällt mir, viel mehr Füllung! Wir schauen noch beim Start der über 1 km langen Tandem-Zipline 300 mh ins Tal zu. Alles freiwillig für die.
Wir freuen uns auf die Stille unseres Platzes und kochen fein: Kartoffeln, Broccoli, Rüebli und dazu Lachsfilet. Das Nebelhorn ertönt, die Ambience fährt ab. Am nächsten Morgen steht Tui dort, noch grösser. Wir frühstücken in der Sonne und geniessen die Wärme. Unser nächstes Ziel ist Fjärland. Nach Myrkdalen, einem Skiort, kommen wir auf eine traumhafte Hochebene mit einem See, der noch ganz vereist ist. Wir sind ganz begeistert und knipsen viele Fotos.
In Hopperstad suchen wir die Stabkirche. Sie wurde vermutlich um 1130, zur Zeit der Pest, erbaut, ganz aus Holz, allerdings auf einem Steinfundament. Wir bestaunen die 800 jährige Kunst.
Nach 176 Kilometern hat der Fahrer seine Arbeit heute getan und die Wagenführerin übernimmt Sorge, Pflege und Verpflegung.
Von deutschen Nachbarn erhalten wir einen Tipp, das Gaularfjell sei die schönste Hochebene Europas, die sollten wir uns nicht entgehen lassen. Es besteht aus drei Geländekammern, zwei mit Seen und eine mit Wasserfällen. Da scheint auch ein Camping durch die Bäume. Ich bemerke: «Hier ist es so schön zum bleiben.» Hans fragt: «Ja sollen wir bleiben?» «Ich hätte nichts dagegen.» Also biegen wir ab und stehen wirklich auf dem schönsten Platz auf dem wirklich schönen Fjell. Hans ist ganz begeistert und kann sich kaum erholen. Auf der Wanderung zum Wasserfall bewundern wir die blühenden Heidelbeeren und Preiselbeeren. Wir kommen an einem Skilift vorbei, der im Winter beleuchtet ist und einen ziemlich desolaten Eindruck macht. Am Telefon erfahren wir, dass es zu Hause kalt und nass ist. Wir freuen uns, dass wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind. Dieser Abstecher hat sich mehr als gelohnt.
Der Sonnenuntergang ist um 22.37 Uhr, dann ist es noch lange hell und um etwa 3.30 Uhr geht die Sonne schon wieder auf. Richtig dunkel wird es schon nicht mehr.
24. - 27. Mai Insel Runde
Die Fahrt bis zur Vogelinsel Runde führt an schönen Seen vorbei, über Fähren und durch lange Tunnels. Der längste ist 9km lang unter Fels und Fjord durch und hat 8% Gefälle und Steigung. Auf dem Camping erhalten wir den letzten Platz direkt am Meer. Um 19 Uhr machen wir uns auf die stündige Wanderung zum Vogelfelsen auf, wo die Papageientaucher um 20 Uhr landen. Just in diesem Moment zieht ganz schnell sturmdicker Nebel auf. Das gibt lustige Fotos.
Nebel über Runde alles Schafe mit Fotokanonen schiessen geht auch mit dem Handy
Die Puffins kommen um 20.10 Uhr angeflogen, schauen auf das grosse Publikum, putzen sich ausgiebig und sind sehr fotogen, leider im Nebel. Die FotografInnen schiessen zum Teil mit gewaltigen «Kanonen» auf die putzigen Vögel, auch lustig.
Am nächsten Tag warten wir bis sich der Nebel verzogen hat und wandern wieder zum Vogelfelsen aber über einen dreistündigen Umweg. Es ist schön und heiss, wir geniessen die Fernsicht. Am Abend erleben wir einen prächtigen Sonnenuntergang.
Am Sonntag, 26. Mai können wir mit dem Boot Aquila die Insel Runde umrunden. Johan, der Kapitän war früher Lehrer und fasziniert von diesem Schiff. Als der frühere Besitzer sehr krank war, konnte er es plötzlich übernehmen. Er macht nun schon etwa 4000 Touren und immer noch mit der gleichen Begeisterung. Die Puffins sind tagsüber auf dem Meer, sie brüten am Felsen in Höhlen und im August fliegen sie wieder ab. Wir sehen sie also im Meer am tauchen.
Kormorane haben im Mai einen Kopfschmuck um zu imponieren, dann fällt er ab. Die Möven brüten an einem andern Felsen, der ganz weiss ist von ihrem Kot, aber auch immer mehr farbiges Nestmaterial von den Fischernetzen aufweist.
Auf der Nordseite der Insel gibt uns Johan Brot, das wir in kleinen Brocken den Möven und Skuas, Raubmöven, zuwerfen. So folgen sie uns mit grossem Geschrei.
27. Mai – 2. Juni Von Molde nach Trondheim
So, unser Independent hat jetzt einen Namen: Es heisst Bänz. Auf der Fähre nach Molde telefoniere ich mit meinem Bruder. Er erkundigt sich, wie es mit dem Benz geht. Von Molde fahren wir auf den Varden, einen schönen Aussichtspunkt von dem man 100 Gipfel, unzählige Inseln und Schiffe sehe. Stimmt.
Fast alle Camperfahrer erzählen, dass sie über den Atlantikveien fahren. Tatsächlich ist dieses Stück nur 8.5km lang aber wirklich einmalig. Da ist einmal die Brücke, die direkt in den Himmel führt und die unzähligen Felsen, die aus dem Wasser ragen.
Bei einem grossen Parkplatz stellen wir den Bänz hin und spazieren über den Steg. Da ist das Spektakulärste: Die Fluken von zwei Walen, die immer wieder aus dem Wasser kommen. Mehr sieht man nicht, sie sind in dieser ruhigen Bucht am schlafen. Oder könnten es auch Steine sein, die durch die Ebbe wieder hervorkommen? Ich kann mich kaum losreissen.
Hans möchte aber weiter zu einem schönen Camping. Ja, und Wäsche muss auch einmal sein. Nach drei Wochen Sommer, Sonne und Wärme ist nun Regen angesagt. Leider ist der Tumbler nach der ersten Wäsche ausgestiegen und bis wir es gegen Abend merken, ist unsere Bettwäsche noch immer feucht. Der Wind trocknet dann den Duvetbezug. Zum Glück habe ich noch ein zweites Leintuch.
Am nächsten Morgen der erste Schreck: Hans erhält ein Mail von Mercedes, dass der Fahrbatteriestand tief sei. Seit drei Wochen waren wir nie am Strom. Die Solarpanel haben die Lithiumbatterie immer voll geladen, aber sie laden die Fahrbatterie nicht. So doof! Das bräuchte sicher nur einen Schalter, oder? Aus Sicht einer Theologin.
Nach dem fahren nach Kristiansund ist alles wieder in Ordnung. In der Nähe ist ein bekanntes Fischrestaurant, Smia, in einer alten Schmiede. Wir gönnen uns Lachs- und Crevettenbrötchen zum Frühstück. Wir erkunden die Stadt zu Fuss, schauen wie das Hurtigrutenschiff im Fjord dreht und dann wünscht sich Hans eine «ekte italiensk Pizza». Sie ist wirklich fein, der Pizzaiolo hat drei Jahre in Neapel gelernt.
Wir entscheiden uns für eine Runde ins Landesinnere. Über Sunndalsöra nach Oppdal und dann übers Dovrefjell. An einem Parkplatz mit Vogelbeobachtungsturm stellen wir uns hin und äugen um 22.30 Uhr nach Elchen. Wir haben Glück und sehen zwei. Hans schafft sogar ein Bild mit unserem Apparätli. Ganz fröhlich steigen wir ins Bett. Am nächsten Tag fahren wir das Romsdal hinunter. Das Tal wird immer enger, die Felsen immer höher, der Regen immer stärker. In Andalsnes steigen wir aus und stärken uns mit feinen Brötli.
Dann fahren wir weiter nach Trondheim. In einer Stadt ist es viel einfacher schlechtes Wetter auszusitzen. In Alvund sind wir zuerst alleine auf dem Platz. Gegen 21 Uhr kommen eine Menge Autos, von Vätern gesteuert, mit vielen Mädchen, alle mit roten Socken. Das gibt viel Leben. Immer mehr Zelte werden auf engem Raum aufgestellt. Das ist eine Livesendung von norwegischen Land und Lüt. Die Mädchen spielen in einem nahen Stadion und feiern nachher mit einer grossen Grillade.
Auf dem Stellplatz in Trondheim ergattern wir den letzten Platz. Nun sind wir inmitten von Industrie, aber sehr ideal gelegen, in die Innenstadt kommen wir zu Fuss. Wir möchte Busbillette für Sonntag kaufen. Das tätigt man am Kiosk, geht aber nicht, Billette gibt es nur sofort. Die ganz junge Verkäuferin geht uns noch nach und erklärt uns die App, sagt aber auch, dass sie sehr kompliziert sei. So nett, soviel Aufwand für ein Billett. In den umgebauten alten Hafengebäuden sprudelt das Leben. Bei Graffi essen wir sehr fein und revidieren unsere Erfahrung von schlechtem Essen auf früheren Reisen. Die Norweger kochen auch sehr fein!
Am Sonntag scheint die Sonne und wir erkunden die Stadt. Zuerst wandern wir zur Festung Kristiantsen, die nie eingenommen werden konnte. Im Turm besuchen wir die Ausstellung über den Krieg gegen die Schweden von 1817-1819. Über die Uni, schönes Gebäude, in einem weiten Bogen dem Nidelva entlang gelangen wir zum Nidaros Dom. Wir bewundern die Fassade, an der Gustav Vigeland lange gearbeitet hat. Dazu sitzen wir draussen bei Apero. Das letzte Mal war es Winter, grau und kalt. Auf dem grossen Platz essen wir Chickensalad, sehr fein. Wir lassen uns durch die Gassen treiben und kommen gegen Abend zum Bänz. Wir sind 12 km gewandert.