Musikfestwochen 2022 : Installation der Bühne direkt vor unseren Stubenfenstern
Wir flüchten wieder einmal vor den Musikfestwochen nach Italien ins Aostatal, weil Beatrice das Buch von Grit Landau, Gran Paradiso, über die Partisanen im 2. Weltkrieg gelesen hat. Zudem ist der Gran Paradiso der einzige Viertausender in Italien und hat uns schon verschiedentlich angezogen.
Immer wieder sind wir fasziniert vom Alpenpanorama auf dem Furkapass, darum übernachten wir hier. Dann gäbe es noch das Tällihorn zu besteigen, aber bei einer Pause kommen wir mit dem Wildhüter in ein sehr interessantes Gespräch über den Wolf. Klar ist, dass der Mensch der einzige Feind des Wolfes ist. Die Walliser Schafhirten aber sind zum grossen Teil nicht von der Schafzucht abhängig, die meisten haben noch einen Beruf. Jedes gerissene Schaf wird voll entschädigt. Schafe sind also vor allem Geldquelle.
Wir fahren weiter durch das ganze Wallis hinunter zum Grossen Sankt Bernhard und finden noch einen kleinen Platz direkt am See. Kleine Wanderung um den See, die Bernhardiner Hunde werden ausgeführt.
In Aosta haben wir allerdings Pech: Über das Wochenende von „Ferragosto“ sind alle Plätze besetzt und reserviert haben wir natürlich nicht. Nachdem wir an weiteren vollen Campings angebrannt sind, finden zuhinterst in Valnontey den Campeggio Gran Paradiso für zwei Nächte. Und wirklich, es hat Unmengen von Leuten, ein lautes buntes Treiben. Wir wandern nach Cogne auf dem breiten Wanderweg mit vielen Italienern, auf dem Rückweg wählen wir den Bergweg und da sind wir fast allein.
In Lillaz finden wir einen Stellplatz direkt am Fluss d`Urtrier. Das ist genau nach unserem Gusto. Spaziergang zu den Cascade, aber das ist voller Dichtestress. Die Wanderung am anderen Tag nach Cret zur Capella degli Alpini ist da schon sehr einsam. Wir treffen zuoberst eine grosse Gruppe Jugendlicher, die mit dem Bike unterwegs sind und sich auf eine rassige Abfahrt freuen. Die Salami haben wir im Kühlschrank vergessen, so besteht unser Picknick aus Brot, Datteln und Aprikosen, schon etwas trocken.
Trotz Ferragosto fahren wir in weiteres Seitental Valsavarenche nach Pont. Die Strasse endet in einem übervollen Parkplatz, aber oh Wunder, auf der Campingwiese dahinter finden wir einen schönen Platz. Wir wandern am anderen Tag 750 Höhenmeter zum Rifugio Vittorio Emmanuele zusammen mit vielen andern und die Hütte ist übervoll, keine Chance zum essen. Zum Glück erkämpft Hans ein Bier und einen Most. Am Abend haben wir sehr müde Muskeln und sind ganz stolz auf uns.
Nach einem Ruhetag fahren wir nach Aosta und haben Glück, finden auf dem Camping Monte Bianco einen Platz für zwei Nächte. Wir bewundern das Römische Theater, das Bühnenbild mit dem Grand Combin ist hinter grauen Wolken versteckt. Dann besuchen wir die Kirche Sant Orso mit schönem Innenraum und noch schönerem Kreuzgang. Im archäologischen Museum sehen wir uns eine Ausstellung von Schweizer Expressionisten an. Dafür muss man eben nach Aosta! Endlich erobern wir einen Platz im Ad Forum, einem schönen Restaurant und geniessen zusammen ein (1) Tastingmenue mit riesigen Portionen. Leider fährt am Abend auch kein Bus mehr, aber eine weinende junge Frau kann einen Taxichauffeur erweichen, der uns für 12 Euro zum Camping bringt und sie dann nach Hause.
Die Fahrt führt uns das ganze Aostatal hinauf bis zum Kleinen Sankt Bernhard. Das ist ein Paradies für Töffs. Wir gehen den römischen Spuren nach und haben von unserem Schlafplatz aus eine wunderschöne Aussicht zum Mont Blanc, der abends immer schöner beleuchtet wird.
Über Bourg-Saint Maurice, Albertville fahren wir nach Chamonix. Aber da ist der Bär los. Keine Chance auf einen Platz. Also fahren wir weiter nach Trient. Dort gibt es eine Wiese als Stell- und Zeltplatz. Wir sind früh und können uns einen ebenen Platz aussuchen. Bald kommen sehr viele WandererInnen die auf der Tour du Mont Blanc sind. Sie stellen kleine Zelte für ein oder zwei Personen auf und bald sind wir davon umzingelt. Wir geniessen den Komfort unseres Wigwams. Am nächsten Morgen, als wir aufwachen, sind schon viele weg und etwa um 9 Uhr ist die Wiese wieder leer.
Zu Hause sind wir am Dienstag allerdings zu früh. Die Steinberggasse ist noch voll verstellt mit Bühne, Lastwagen und Bauteilen. Einige schütteln den Kopf und uns wir klar, dass wir nächstes Jahr noch einen Tag mehr fliehen und erst am Mittwoch zurück kommen. Trotz Ferragosto und Dichtestress war es eine sehr angenehme Flucht vor den Musikfestwochen.
Wir sind im 2022 fast vier Monate in Bella Italia gereist und haben das Land als Touristen kennengelernt und bewundert. Wir haben noch lange nicht genug und reisen 2023 wieder nach Italien.